Wo Blinde gefährlich leben

Nordend-CDU ließ sich bei einem Stadtteilrundgang die Probleme für Sehbehinderte erklären

 Die Nordend-CDU ließ sich bei einem Stadtteilspaziergang zeigen, welchen Gefahren Sehbehinderte im Straßenverkehr ausgesetzt sind und wo die Stadt das Blindenleitsystem verbessern muss, um das Risiko von Unfällen zu minimieren.
Claudia Ehrhardt und Rainer Krug lassen sich die Blindenstreifen erklärenClaudia Ehrhardt und Rainer Krug lassen sich die Blindenstreifen erklären
 Nordend. 


Für ein paar Sekunden begeben sich Claudia Ehrhardt und Rainer Krug in eine andere Welt. Die stellvertretende Vorsitzende des Ortsbeirats 3 (Nordend) und der Chef der CDU-Fraktion im Nordend kneifen die Augen zu und versuchen mit einem Blindenstock nachzuempfinden, wie es so ist ohne Augenlicht im Straßenverkehr. Letztlich dürfte der Selbstversuch dazu führen, dass die beiden Politiker die Stadt umso eindringlicher dazu drängen, Mängel im Frankfurter Blindenleitsystem zu beheben. Davon zeigt ihnen die blinde Margit Thomas einige im Nordend.

 

Bordsteinkante fehlt

 

Los geht der Stadtteilspaziergang in der Glauburgstraße, an der Einmündung zur Weberstraße, wo Margit Thomas auch schon auf die erste Tücke verweist. Es gibt einen DoppelÜberweg für Sehbehinderte und Rollstuhlfahrer. Für letztere ist die gesamte Bordsteinkante entlang der Querung auf einer Höhe mit Gehweg und Straße. Die Sehbehinderten jedoch brauchen eine mindestens drei Zentimeter hohe Kante, um zu erkennen, dass sie sich auf eine Straße zubewegen. Unweit der Weberstraße, an der Kreuzung Glauburgstraße/Eckenheimer Landstraße, weist Thomas auf zu leise akustisch Ampelsignale hin, die den Sehbehinderten über ein kurzes Klackern signalisieren, ob es sich um eine Rot- oder Grünphase handelt.

Es sind jedoch nicht nur Versäumnisse der Stadt, die für Sehbehinderte zur Gefahr werden können. Oft scheinen Einzelhändler und Autofahrer zu ignorieren, dass Geschäftsauslagen oder rücksichtslos geparkte Fahrzeuge ebenso Risiken bergen.

In der Glauburgstraße zum Beispiel bilden recht wild angeordnete Körbe mit Obst- und Gemüseauslagen schwer zu ertastende Hindernisse für Sehbehinderte. Über die Ladefläche eines Lieferwagens ragen Baumaterialien, an denen sich Sehbehinderte den Kopf stoßen können. Die von Geburt an blinde Brigitte Buchsein dürfte die Baumaterialien erst wahrnehmen, wenn es zu spät ist.

Dort wo die Humboldt- von der Glauburgstraße abzweigt, stoßen die Teilnehmer des Stadtteilspaziergangs auf das gleiche Problem wie am Eingang zur Weberstraße. Eine Bordsteinkante für Blinde fehlt. Auch die taktilen Noppen, die Blinde normalerweise von Häuserecken zu den Straßenübergängen geleiten, sind nicht vorhanden. Ein Straßenecke, bei der die Stadt nach Meinung aller an der Begehung teilnehmenden Sehbehinderten auf ihre Bedürfnisse Rücksicht genommen hat, ist die Kreuzung Oeder Weg / Keplerstraße. Es gibt eine Doppelquerung, taktile Noppen führen zum Übergang, der Bordstein ist an einer Stelle für Rollstuhlfahrer abgesenkt, daneben hat die Stadt für Sehbehinderte eine rund sechs Zentimeter hohe Kante gelassen.

Für Claudia Ehrhardt geht es bei dem Stadtteilspaziergang auch darum, die Mitglieder ihrer Fraktion für die Bedürfnisse von Sehbehinderten im Straßenverkehr zu sensibilisieren. "Wir wollen Anregungen von Sehbehinderten aufnehmen und bei der nächsten straßenverkehrlichen Planungen der Stadt darauf einwirken, dass diese darauf Rücksicht nimmt", so Ehrhardt.

 

Nachbesserungen

 

Die stellvertretende Ortsvorsteherin erinnert aber auch daran, dass bei Verbesserungen des Blindenleitsystems auch auf die Bedürfnisse von anderen eingeschränkten Verkehrsteilnehmern geachtet werden müsse: "Was für die Blinden ein Vorteil ist, muss nicht zwangsläufig auch für Rollstuhlfahrer gut sein."

Laut Heike Reiche, der stellvertretenden Leiterin des Straßenbauamtes, sind an den Eingängen der Weber- sowie der Humboldtstraße erst einmal keine Nachbesserungen vorgesehen: "Die dortigen Gehwegnasen zählen zu den ersten ihrer Art. Damals gab es noch keinen Regelplan. Wir werden sukzessive nachbessern. An jenen Stellen aber erst, wenn ohnehin Sanierungen anstehen." (bki)